Interview auf Kiezlich.de
DÜRFEN WIR VORSTELLEN…
Kati von Schwerin – zwischen Pop-Art und Pop-Musik
Text & Fotos: Marco Baass · am 30. November 2016
Kati von Schwerins Atelier sieht nach typischem Künstleratelier aus. Leinwände, jede Menge Pinsel, Tuben und Farbklecksen auf dem Boden. Aber hier finden sich auch Mikrofon, Aufnahmegerät und Gitarre. Kati macht nicht nur Kunst, sondern eben auch Musik. Die Kunst ist eh etwas, mit der sie stets am Hadern ist. Vielleicht braucht es da die Musik als Ausgleich. Und dann entdecke ich versteckt in einer Ecke einen Pappaufsteller mit Autogrammkarten von Borussia Dortmund. Die zierliche Künstlerin mit dem adligen Namen und der Liebe zur Musik ist auch noch Fußballfan. So sieht das eben aus, wenn Ruhrpott auf Berlin trifft.
Du machst Kunst und bist aber auch Musikerin. Was kam zu erst?
Die Kunst war zuerst da. Meine Großeltern haben beide gerne gemalt, und wenn ich als Kind zu Besuch war, haben sie mir immer Ölfarben, Pinsel und Pappen hingelegt. Da war ich erstmal beschäftigt (schmunzelt). Die Musik kam dann mit 13-14 dazu, da wurde ich von meinem Vater und meinem Bruder inspiriert. Ich habe mich dann regelmäßig mit Kassettenrekorder in den Keller verzogen, um dort meine Lieblingslieder nachzusingen. Ich glaube, es war zuweilen ziemlich schrecklich.
Befruchten sich Kunst und Musik gegenseitig oder sind dass getrennte Projekte für Dich?
Es gibt schon Momente, in denen die Musik rein optisch in meine Kunst einfließt. Ich male auch auf Gitarren oder Trommelfellen und benutze zum Teil musikalische Elemente, wie z. B. Kassetten, für meine Bildsprache, doch im Grunde sind es zwei verschiedene Projekte, die autark funktionieren und sich in ihren Eigenschaften auch beinahe gar nicht ähneln. Aber sie arbeiten sozusagen Hand in Hand im Schichtdienst, um mich bei Laune zu halten. Wenn ich vom einen die Nase voll hab, kann ich beim anderen weitermachen, ohne auf kreativer Ebene runterfahren zu müssen.
Wie würdest Du Deine Art von Kunst beschreiben. Gibt es eine Art Leitmotiv für Dich?
Ich denke, ich würde es als Pop-Art bezeichnen. Egoistische, oder sagen wir persönliche Pop-Art. Verkopfte, konzeptuelle und häufig ein wenig mürrische Kunst. Ich thematisiere vor allem die Dinge, die mich ärgern: Unfreiheit, Überheblichkeit, Illoyalität. Das ist für mich der beste Motor. Zudem beschäftige ich mich sehr viel mit dem Geflecht aus Künstler, Kunstwerk, Gesellschaft/Rezipient. Wie funktioniert das eigentlich, funktioniert das überhaupt (noch)?
Und funktioniert es noch? Zu welchen Schlüssen bist Du für Dich bisher gekommen?
(Lacht) wenn ich darauf eine ordentliche Antwort hätte, würde ich entweder aufhören Kunst zu machen, oder mir ein neues Leitmotiv suchen. Es ist ja im Grunde ein recht universelles Thema, was eigentlich viel mehr die Gesellschaft im Allgemeinen betrifft. Schnelllebigkeit, Genuss, Intellekt, Wertschätzung. Solche Sachen spielen da viel mit rein. Ich habe meine Bachelorarbeit zum Thema “Der Künstler und seine Kunst. Wie legitim ist sein Status?“ geschrieben und war ehrlich gesagt letztlich nicht sehr happy mit meinem Ergebnis. Ich denke, Kunst ist nichts für jedermann.
Gibt es Künstler die Dich inspiriert haben? Oder was ist für Dich und Deine Arbeit inspirierend?
Inspiration hole ich mir zumeist eher aus anderen Bereichen. Wenn ich durch eine Ausstellung wandere, finde ich da selten einen Zugang, um es für meine eigene Arbeit zu nutzen, oder aber ich bin sauer, dass ich nicht auf die guten Ideen gekommen bin (schmunzelt). Ich werde eher fündig in den Bereichen Grafikdesign, Objektdesign oder Innenarchitektur, das ist einfach alltäglicher und klarer und lässt viel Raum für neue Konzeptionen.
Du stammst ursprünglich aus dem Ruhrpott. Was hat Dich nach Berlin geführt?
Ich habe während meines Kunststudiums an der Akademie in Düsseldorf noch ein Philosophiestudium an der Heinrich Heine Universität begonnen, für den Masterabschluss wollte ich dann woanders hin, und bin nach Berlin an die Humboldt Uni gegangen. Ich würde behaupten, dass der Schnack des Ruhrgebiets der Berliner Seele recht ähnlich ist. Ich hatte schon bei meinem ersten Berlinbesuch mein Herz an diese Stadt verloren.
Wie würdest Du denn die Berliner Seele beschreiben?
Die Berliner Seele ist geradeaus und ohne unsinniges Geschnörkel. Auf den ersten Blick sicherlich eine Herausforderung – aber wer ist nicht gerne eine Herausforderung. Ich kenne viele Leute, denen die Berliner Schnauze zu grob und zu frech ist, ich persönlich mag das sehr, denn nur, wer eine verbale Rüpelei verträgt, kann auch ein guter Freund werden.
Künstler zieht es immer wieder nach Berlin. Ist Berlin nach wie vor eine gute Spielwiese für junge Künstler?
Das ist schwer zu sagen. Die Szene ist riesig. Das kann einen auch schnell entmutigen. Aber ich denke, Berlin ist nach wie vor offen für Kunst, kunsthungrig. Man hat die Möglichkeit sich zu zeigen und Kontakte zu knüpfen, ohne dass es verkrampft wirkt. Hier sollte man nur schnell lernen, sich vor allem auf seine eigene Arbeit zu konzentrieren, und sich nicht kirre machen zu lassen, von der Überfülle an jeglichem Kram, auch an Kunst.
Was sind Deine nächsten Projekte?
Ich bin nun seit Kurzem wieder im Tonstudio und nehme mein zweites Album auf, das wird sehr spannend! Zudem bin ich gerade bei der Planung einer Ausstellung im Frühjahr, das Leitmotiv wird diesmal womöglich vor allem der Malgrund sein. Öl auf Leinwand im klassischen Sinne ist mir gerade etwas zu öde.
Eine wichtige, abschließende Frage. Wann wird der BVB eigentlich mal wieder Meister?
Ha! Verdient hätten wir es mal wieder! Die Mannschaft ist superinteressant, und wir haben uns tolle Talente gesichert. Aber ich hatte mir nach dem Euroleague aus gegen Liverpool in der letzten Saison eigentlich vorgenommen, mich davon nicht mehr so sehr tangieren zu lassen. Damals habe ich zwei Stunden lang geweint. (Lacht)